Ende September möchten wir noch einmal die Spätsommersonne genießen und mit unseren Freunden, Sabine und Gerrit, unsere Lieblingsplätze in Istrien besuchen.

Ich nehme die Pointe vorweg: Unsere Gäste an Bord bringen uns ganz offensichtlich Glück. Entgegen all unseren bisherigen Erfahrungen verläuft dieser Törn absolut reibungs- und problemlos. Das Wetter passt, manchmal fehlt es an Wind, dafür ist das Meer oft ölig-glatt. Das Wasser ist noch sommerlich warm und lädt zum ausgiebigen Baden ein. Dank der Lokalwahlen unsere Freunde segeln wir von kulinarischem Höhepunkt zu kulinarischem Höhepunkt. Die Stimmung ist ausgesprochen gut und entspannt. Wir haben keinerlei technische Probleme bzw. Pannen. So schön kann segeln sein!

Aber jetzt der Reihe nach: von San Giorgio motoren wir nach Umag, die Segel kommen bei dieser Etappe kaum zum Einsatz. Das Wasser ist an manchen Stellen wortwörtlich spiegelglatt. Wir genießen die warme Sonne auf der Haut. Nach einem ausführlichen Abendmahl verbringen wir eine sehr ruhige Nacht an der Boje.

Weiter geht es nach Porec, in diese wunderschöne und uralte Stadt. Das Gebiet war schon vor 2800 Jahren besiedelt und wurde von der Geschichte ziemlich gebeutelt. Letztendlich hat Porec die vielen wechselnden Machtverhältnisse, Kriege und Pestepidemien überstanden und besticht heute mit seiner Altstadt und der Euphrasius-Basilika (UNESCO-Kulturerbe). Für mich hat Porec aber eine andere Geschichte: Als kleiner Bub habe ich hier mit meinen Eltern Urlaub gemacht. Papa hat ein schnittiges DRACO Motorboot gemietet, mit dem wir die gesamte Umgebung erkundet haben. Der Bootsvirus hat sich schon damals in mir festgefressen. Mein damaliges Idol und Berufsvorbild war Renato. Renato war nämlich am Unterarm tätowiert (ja, das war früher sehr verwegen), durfte auf der Hotelinsel Sv. Helena mit der dreirädrigen Ape fahren (und damit den Mist transportieren) und das Ruderboot über den Hafen rudern. Für mich war er ein etwas in die Jahre gekommener Pirat, sehr exotisch. Und außerdem war da noch Tanja aus Deutschland, wohl ein paar Wochen älter als ich, also fast schon 7 Jahre alt und ich fand sie sehr attraktiv. Wir haben gemeinsam Minigolf gespielt und etwas später habe ich ihr die erste Ansichtskarte meines Lebens geschrieben.

Die Nacht an der Mole ist nicht so ruhig wie in Umag. Das liegt aber nicht am Wind, sondern an der Bar gegenüber von unserem Liegeplatz.

Delfine eskortieren uns nach Rovinj. Es ist immer wieder ein Erlebnis, diese Meeressäuger zu sehen und zu beobachten. Wie immer ankern wir in der Nordbucht, diesmal jedoch ohne 50kn Bora, sie geht uns wahrlich nicht ab. Natürlich besuchen wir unsere Lieblingsplätze, wie z.B. das Cafe am alten Hafen. Es gibt keinen anderen Ort auf der Welt, in dem ich so gerne zur Kirche gehe wie in Rovinj. Grund dafür sind allerdings weder Altar noch Fresken, noch eine ergreifende Liturgie. Nein, die wahre Anziehungskraft versprüht eine Etage tiefer die wundervolle Freiluftbar mit Blick über die Bagnole (vorgelagertes Inselchen) in den Sonnenuntergang. Ein Abstecher zum Leuchtturm darf selbstverständlich auch nicht fehlen, dort haben Nicky und ich uns vor gut 28 Jahren das erste Mal geküsst…..

Ab nun geht es wieder Richtung Norden. Wir probieren zum ersten Mal unseren Gennaker aus und sind begeistert. Kaum Wind und wir fahren trotzdem 5kn mit unserer schweren Lady! Irgendwann schläft der Wind tatsächlich ganz ein, dafür wecken wir unseren Murl, der uns brav in einen für mich besonderen Hafen schiebt – Piran. Hier wollte ich schon immer einmal an der Mole liegen. Es lebe die Nachsaison, an der kurzen Besuchermole liegen nur wenig Boote. Das Anlegemanöver verläuft lehrbuchmäßig inklusive Disput mit dem Marinero. Dieser will uns partout die Muring in die Hand drücken, noch bevor er die Leinen in Empfang genommen hat.

Piran zählt zu den schönsten Städtchen in Istrien. Wir lieben es einfach hier, genießen die Zeit in vollen Zügen und mir dem einen oder anderen Sundowner in der Hand.

Als weiteres Highlight wartet noch Triest auf uns. Von 1382 bis 1918, also mehr als 500 Jahre, war Triest habsburgisch-österreichisch. Als einziger großer Seehafen Österreichs nahm Triest sowohl ökonomisch wie auch militärisch eine wichtige strategische Stellung ein. Triest entwickelte sich zum größten Handelszentrum in der Adria und zum wichtigsten Hafen der k.u.k. Marine. 1829 testete Josef Ressel hier seine Schiffsschraube, die Generali Versicherung wurde hier gegründet sowie der Österreichische Lloyd. Da ist es doch wohl würdig und recht, wenn wir da einmal mit unserer GYPSEA kurz vorbei schauen.

Kurz vor der Hafeneinfahrt drehen wir eine Runde um einen bemerkenswert hässlichen russischen Oligarchendampfer, der wegen der Ukrainekrise hier festgehalten wird. Anschließend legen wir mitten im Zentrum Triests in der Marina San Giusto an.

Nach einem ausgiebigen Frühstück segeln wir die Küste entlang, vorbei an Miramare, Portopiccolo Sistiana, ändern dann den Kurs Richtung Grado und dann geht der Wind aus. Die letzten Meilen motoren wir zurück nach San Giorgio.