Delphi war einmal, heute ist das Orakel der Wahl Windy. Windy sagt guten und stabilen NW-Wind mit 15 maximal 25kn voraus, ideal um Kurs auf die Kykladen, 70 Meilen über das offene Meer, zu nehmen. Der Sonnenaufgang bestimmt den Zeitpunkt der Abfahrt. Der Wind kommt wie vorhergesagt, bald ziehen wir alle Segel auf, es folgt herrliche Segelei. Alles läuft gut, zumindest auf den ersten 35 Meilen. Dann frischt der Wind kräftig auf, wir reffen die Segel. Gegen die Wellen, die genau 90 Grad seitlich kommen, können wir allerdings nichts tun. Wir rollen schauderhaft. GYPSEA stampft unbeirrt und tapfer durch die aufgewühlte See. Häufig spritzt die Gischt bis in das Cockpit. Zuerst rollen wir das Groß komplett weg, etwas später auch den Besan. Allein mit der Genua krängen wir kräftig, aber noch im erträglichen Bereich. Nur jetzt sind wir zu langsam, möchten wir doch unbedingt noch vor Einbruch der Dunkelheit die sichere Ankerbucht erreichen. Also bitten wir wieder Mr. Perkins um Unterstützung. Endlich kommen wir in die Landabdeckung von Serifos, Wind und Wellen lassen schlagartig nach. Erschöpft lassen wir den Anker bei 8m Wassertiefe in den Sand fallen. Er hält sofort, noch 50m Kette und wir schaukeln gemütlich zwischen zwei weiteren Yachten in der Bucht. Diese Überfahrt war wahrlich kein Honiglecken, der Seegang hat uns physisch uns moralisch zugesetzt, Boot, Segel und auch wir sind von der Gischt total versalzt. Trotzdem sind wir glücklich es geschafft zu haben und stolz über unsere Ausdauer und unseren Mut. Und natürlich auf unsere GYPSEA, der das im Gegensatz zu uns offensichtlich sehr gefallen hat.

Am nächsten Morgen schwimme ich an der Yacht Mallamock vorbei und werde sofort auf einen Kaffee eingeladen. Veronique und Alain, ursprünglich aus Frankreich, segeln seit Jahrzehnten um die Welt. Alain hat vor 40 Jahren seine Stahlyacht selbst gebaut, vor 35 Jahren kam Veronique in Madagaskar zuerst als Tagesgast, dann als Crew an Bord und ist geblieben. Sie haben praktisch überall auf der Welt gelebt und gearbeitet, dabei meist auch auf ihrer Mallamock gelebt. Auch ihre gemeinsame Tochter ist hier zur Welt gekommen.

Mit Veronique und Alain verstehen wir uns auf Anhieb bestens. Wir verbringen die nächsten Tage gemeinsam. Gerne lauschen wir ihren Segelabenteuern, bekommen wertvolle Tipps bez. Segeltechnik, Seemannschaft, Segelrouten und besonderen Reisezielen. Erstaunt stellen wir fest, dass diese beiden fabelhaften Menschen fast alle berühmten Segelpioniere der jüngeren Segelgeschichte persönlich kennen bzw. gekannt haben, u.a. Bernard Montessier. Mit seinen letzten beiden Frauen sind sie bis heute befreundet und in regem Kontakt.

 

Serifos

Die westlichen Kykladen sind vulkanischen Ursprungs und somit voller Mineralien und Erze. Über einen Zeitraum von 5000 Jahren spielte der Bergbau auf Serifos immer wieder eine bedeutende Rolle, insbesondere wegen der reichen Kupfervorkommen. Erst 1963 wurden die letzten Minen geschlossen. Die Anlagen, Geräte, Maschinen und Fahrzeuge wurden dabei einfach zurückgelassen und rosten jetzt munter vor sich hin. Die Szenerie erinnert an einen Maschinenfriedhof aus einem Endzeit Sci-Fi Blockbuster.

Die Ankerbucht von Livadia ist ruhig und gut geschützt, nach mehreren Versuchen hält auch der Anker verlässlich. Der kleine Hafenort ist nett, wir können unsere Vorräte aufstocken. Die Chora, also der höher gelegene, zentrale Ort, ist per Fußmarsch leicht erreichbar. Hier wirkt noch alles authentisch griechisch, noch nicht vom Massentourismus zerstört. Eckige Häuschen, verwinkelte steile Gassen, Katzen überall und alles natürlich in weiss-blau. Irgendwie erinnert uns das alles an den Wüstenort Aqua caliente aus Sergio Leones „Für ein paar Dollar mehr“, allerdings gepflegt, renoviert und ohne Gefahr für Leib und Leben. Wir genießen den herrlichen Rundblick von der höchsten Stellen des Dorfes, auf der selbstverständlich ein Kircherl steht. Hier in Griechenland ist das nämlich so: Hier gibt es zwar nicht so hohe Berge wie bei uns in Österreich, dafür steht auf jedem Zipfel nicht ein Kreuz sondern gleich eine ganze Kirche. Ein Drink in einem lauschigen Kafeneio am Hauptplatz rundet unseren Besuch ab.

 

Sifnos:

Alain und Veronique brechen schon einen Tag vor uns nach Sifnos auf. Wir treffen die Crew der Mallamock in der Bucht von Vathi wieder. Diese fast ovale Bucht ist bis auf westliche Winde perfekt geschützt und von kleinen Hotels und Tavernen gesäumt. Gemeinsam mit Veronique. brechen wir zeitig auf und wandern über die Insel in die buchstäblich märchenhafte Fikadia-Bucht, zur Gialos-Bucht, wo wir ausgiebig frühstücken und baden und retour über das Ilias-Kloster nach Vathi. Die Tour war wunderschön aber auch anstrengend.

Mit dem Autobus erkunden wir noch den Hauptort Apollonia im Landesinneren und Kastro direkt am Meer. Während für unseren Geschmack Apollonia zwar sehr schön aber fast schon zu herausgeputzt ist, ist Kastro authentisch und absolut sehenswert.

 

Kimolos

Der herannahende Westwind und die folgenden nördlichen Winde mahnen uns zum Aufbruch, wir segeln gemeinsam mit der Mallamock weiter, zuerst in eine sichere Ankerbucht im Norden von Kimolos, dann in den Hauptort Kimolos. Da wir im Hafen keinen Platz bekommen bleiben wir in der vorgelagerten Ankerbucht, was sich als Glücksfall herausstellt. In der Nacht gibt es kaum Wind oder Schwell, dafür einen eindrucksvollen Sternenhimmel, Sternschnuppen inklusive.

Auch die Chora von Kimolos ist einen Besuch wert, ebenso die Taverne, in der wir mit typisch griechischer Hausmannskost verwöhnt werden.

 

Milos

Der Höhepunkt unseres Kykladentörns ist Milos. Adama, Haupthafen von Milos, ist trotz Nachsaison ein quirliger Ort und bietet alles von dem wir träumen: Anlegeplatz für Dinghis mitten im Zentrum, Loundry, Supermarkt, Gemüsemarkt, Bäckerei, nette Tavernen (leider nicht ganz billig), und Vermietung von fahrbaren Untersätzen. Rund um die Insel sind Wind und Welle so ungünstig, dass wir nicht in den zwar wunderschönen, aber schlecht geschützten Buchten im Norden der Insel mit GYPSEA stehen wollen. Wir mieten also kurzerhand ein Quad und erkunden die Insel auf dem Landweg. Die Hauptattraktionen sind:

  • Die Chora von Milos: steil, malerisch, phantastischer Ausblick vom obersten Zipfel, wo auch-Achtung Überraschung- ein Kircherl steht. Besonders zum Sonnenuntergang zu empfehlen, das haben wir aber leider nicht geschafft.

  • Das alte Amphietheater aus 300v. Chr. für 5000 Besucher

  • Nachbildung der Venus von Milo (eigentlich Aphrodite von Milos), das Original steht im Louvre. Damals wie heute das gleiche Schönheitsideal, bakschierlich, wie der Wiener sagt

  • Die frühchristlichen Katakomben

  • Mandraki-Bucht mit den bunten Fischerhäusern, ebenso

  • Klima-Beach

  • Sarakiniko-Bucht: Mondlandschaft aus strahlend weißem Tuffstein, direkt am dunkelblauen Meer

  • Papafragos-Höhlen: Vom Meer ausgespülte Minicanyons und Höhlen

  • jede Menge Strände mit und ohne Beach Bar

Endlich öffnet sich ein Wetterfenster, das wir für den Sprung zum Peloponnes nützen wollen. Die Anreise zu den Kykladen ist noch rege in Erinnerung. Hoffentlich wird die Rückfahrt besser.