Medizin in Österreich vs. Entwicklungsland – ein unfairer Vergleich macht Dich sicher!

Samstagvormittag. Das Wetter rund um uns pendelt irgendwo zwischen chronisch mieselsüchtig und unangenehm feuchtlert. Wir sitzen bei uns zu Hause in der warmen und gemütlichen Küche, Frühstücken, schlürfen den x-ten Kaffee, lesen Zeitung und checken unsere privaten Mails. Die Freude über eine Nachricht von lieben Segelfreunden schlägt allerdings in blankes Entsetzen um: Unsere Freunde, ein erfahrenes Seglerpärchen, schon seit vielen Jahren unterwegs in der Südsee, weilt zur Zeit in Fidschi. Bei einem völlig harmlos anmutenden Schlauchbootausflug mit einem sehr erfahrenen Einheimischen wird in Passnähe das Boot von einer heranrollenden und sich brechenden Riesenwelle erfasst und umgeworfen. Der Einheimische findet dabei den Tod, unsere Freunde können sich schwer verletzt gerade noch auf das gekenterte Boot retten, bevor sie die Strömung in das offene Meer spülen kann.

Bewohner eines Dorfes in der Nähe starten eine Bergungsaktion, verarzten die beiden Überlebenden notdürftig und bringen sie in die Hauptstadt Suva. Im Krankenhaus werden sie perfekt untersucht und versorgt, selbstverständlich kommen auch moderne bildgebende Verfahren, wie zB ein CT, zum Einsatz, selbstverständlich geben alle Beteiligten ihr Bestes und zwar dann, wenn es benötigt wird.

Fidschi in Zahlen (Quelle Wikipedia)

Human Develpement Index (HDI): Platz 99 (Stand 2021)

Einwohnerzahl: ca. 900.000

BIP: 4,5 Mrd. US$ (2020)

BIP/Einwohner: 4.995 US$ (2020)

Staatsverschuldung: 47% des BIP (2016)

 

Szenenwechsel:

Andere Freunde von uns, ein sehr gut vernetztes Ärztepaar, begeisterte Skifahrer, carven ihre Spuren in die perfekt präparierte Piste in Cortina/Italien. Es kommt, wie es beim Skifahren manchmal kommen muss, G. zaubert einen fantastischen Stern in die Landschaft und bleibt mit einem ramponierten Knie liegen. Erste Selbstdiagnose: Das Knie dürfte zwar hinüber sein, funktioniert allerdings noch so gut, dass er es selbst ohne fremde Hilfe bis zur Seilbahnstation schafft. Jede professionelle Hilfe wird abgelehnt, denn dann kommt man womöglich in ein Spital mit zweifelhaftem Ruf.

Es folgt ein privater Rücktransport im eigenen Auto nach Lienz ins Krankenhaus. Nach eingehender Untersuchung = Röntgen, wird folgendes Diagnostiziert: alles nicht so schlimm, ev inneres Seitenband gerissen. Also chauffiert Frau das ramponierte Knie samt Mann schnurstracks nach Wien und da man gut vernetzt ist, wird ein befreundeter Spezialist um Rat gefragt. Der empfiehlt ein CT, worauf man allerdings warten muss, außer man zahlt privat, was aber auch heute egal ist, weil es ist Sonntag. Es gibt allerdings ein Institut in Wien, das auch am Sonntag CTs macht.

Nach intensivem Beknien des dort arbeitenden Personals und weil unter Kollegen ist man ja gerne kooperativ, wird ein CT gemacht und befundet. Daraufhin empfiehlt der befreundete Spezialist ein MRT, was ebenfalls im besagten Institut sofort erledigt wird. Die übliche Wartezeit für ein MRT auf Krankenkasse beträgt zZ mindestens mehrere Wochen. Aus den Untersuchungen ergibt sich ein möglichst rascher Operationsbedarf, da ein nicht unkomplizierter Stauchungsbruch vorliegt. Und da man, Gott sei es gedankt, gut vernetzt ist und viele Kollegen kennt, ergattert man noch einen OP-Termin am selben Tag.

Aber was wäre passiert, wenn unser Freund nicht selbst Arzt wäre und gut vernetzt, sondern ein ganz normaler Patient?

  • Der komplizierte Bruch wäre vorerst gar nicht diagnostiziert worden
  • Eine weitere Abklärung hätte Wochen gedauert (Wartezeit auf CT und vor allem MRT)
  • wochenlang dauerhafte Schmerzen
  • Die Wahrscheinlichkeit für eine irreversible Schädigung des Kniegelenks wäre sehr hoch

Österreich verfügt (noch) über ein phantastisches Gesundheitssystem, exzellent ausgestattete Spitäler, erstklassige SpezialistInnen und sehr hohe Qualitätsstandards. Aber immer öfter macht man die Erfahrung, dass das alles nichts nützt, wenn man nicht die richtigen Leute kennt.

Österreich in Zahlen (Quelle Wikipedia)

Human Develpement Index (HDI): Platz 25 (Stand 2021)

Einwohnerzahl: ca 8.933.000

BIP: 403 Mrd. € (2021)

BIP/Einwohner: 45.000 €

Staatsverschuldung: 82,8% des BIP (2021)