Wir waren jung, dumm, unerfahren aber enthusiastisch, eine verschworene Gruppe junger StudentInnen, für fast jeden Unsinn zu haben. Aus dieser Zeit kennen wir Martina, die seit damals fixer Bestandteil unserer Freundesrunde ist. Martina kommt uns besuchen, worauf wir uns schon unheimlich freuen. Treffpunkt ist Dubrovnik, genauer gesagt die Bucht nördlich von Cavtat, dem Ausklarierungshafen, wenn man nach Montenegro möchte. Und wir möchten.
Bei der Anreise nach Cavtat stelle ich fest, dass unsere Dieseleinspritzpumpe undicht ist und die gesamte Bilge versaut. Das kann so nicht bleiben. Tim aus den USA, den wir auf Dugi Otok kennengelernt haben, hat mir einen Kontakt zu einem Perkinsspezialisten in Zagreb verschafft und dieser leitet mich an den Dieseleinspritzpumpenzampano von Dubrovnik und Umgebung weiter. Wir vereinbaren einen Treffpunkt in Srebreno, das ist nur 2 Meilen entfernt und verfügt über einen Pier mit günstigen Liegegebühren samt Cafe & Snack Bar.
Wir sind zwar noch nicht lange unterwegs, aber wir merken zunehmend, wie sehr uns unsere Freunde fehlen. Das Wiedersehen mit Martina ist nicht nur aus diesem Grund etwas sehr Besonderes für uns.
Am Weg nach Srebreno legen wir in einer Bucht noch einen Badestopp ein. Als wir den Anker lichten wollen arbeitet der Motor der Winsch zwar einwandfrei, aber die Trommel bewegt sich nicht. Offensichtlich ist im Winschgetriebe etwas kaputt. Frustriert kurbeln wir den Anker zu zweit per Hand rauf.
Am Pier in Srebreno stellt sich die Situation für uns so dar:
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Der Einspritzpumpenmensch kennt sich offenbar wirklich gut aus und stellt gleich mehrere undichte Stellen fest. Er baut die Pumpe aus, KV und genaue Diagnose sollen folgen.
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Antonio, unser Marinero, stellt uns Willi vor. Willi ist Deutschkroate und betreibt ein Bootsservice. Willi wird sich um die Winsch kümmern und will sie morgen ausbauen. KV und genaue Diagnose folgen, es wird aber höchstwahrscheinlich nichts Böses sein.
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Es ist eine kräftige Bora angesagt, die uns genau frontal erwischen wird. Wir haben nur eine Mooring. Alle anderen Boote haben zusätzlich zu einer Mooring mindestens 35 m Ankerkette gesteckt, mangels Winsch können wir das jedoch nicht. Wir können auch nicht den Motor im Notfall starten, da die Dieselpumpe ausgebaut ist. Da bleibt ein mulmiges Gefühl.
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Martina ist an Bord. Anstatt nach Montenegro zu segeln, müssen wir einstweilen hier bleiben.
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Tagsüber ist der Chef vom Cafe nicht anwesend und die Burschen vom Service legen wirklich gute Musik auf. Abends kommt dann allerdings mit dem Chef ein grauenhafter Ibiza-Partysound, kaum zum aushalten. Die Servicebuben leiden mindestens genau so wie wir.
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Wir sind frustriert, aber die Stimmung ist trotzdem ok, Ein bis zwei Tage werden wir wohl noch hier bleiben, dann segeln wir sicherlich los.
3 Tage später:
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Die Einspritzpumpe wurde in Izola nicht entsprechend gewartet und eingebaut. Jetzt ist alles wieder sorgfältig repariert bzw serviciert und sollte wieder passen.
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Die Winsch wurde repariert, funktioniert allerdings nur im Testlauf in der Werkstatt, nicht jedoch unter Last.
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Eine neue passende Winsch ist nicht zu bekommen. In Italien ist Ferragosta und alle Händler haben zu. Eventuell könnte man Anfang September was bekommen.
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So lange der Anker nicht funktioniert hängen wir hier fest. Das Segeln mit Martina können wir uns abschminken.
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Die Bora bläst von Nacht zu Nacht stärker und drückt uns in Richtung Pier. Wenn die Mooring nicht hält, picken wir in der Mauer.
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Abends verbläst der Sturm die letzten Cafe-Besucher und dann hört auch endlich der nervenzermürbende Lärm, vulgo Ibiza-Sound, auf. Die Bora hat also auch was Gutes.
Wir sind jedenfalls am Boden zerstört. Die Winsch und auch die Einspritzpumpe kamen doch beide frisch vom Service. Die Aussicht, bis zum Septenber hier bleiben zu müssen ist extrem frustrierend.
Darüber hinaus fressen die Liegegebühren unser Budget auf. An die Kosten für eine neue Winsch mag ich erst gar nicht denken, die Modelle, die uns Willi und auch andere Mechaniker empfehlen sind zwar leistungsstark aber dafür extrem teuer. Die Bora lässt uns in der Nacht auch nicht gut schlafen, wir sind extrem übermüdet und erschöpft. Dieser Cocktail an Ereignissen ist ein harter Schlag für unsere Motivation.
Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen ist, dass wir eine Menge Glück im Unglück haben.
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Der Pumpenmensch dürfte wirklich einer der Besten seiner Art sein.
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Willi und sein Bruder Vlatko suchen intensiv nach einer sinnvollen und kostengünstigen Lösung. Sie finden einen Spezialisten in Zadar, der über das Wochenende unsere Winsch zerlegt, den Fehler (eine ausgeleierte Rückstellfeder) identifiziert und auch tatsächlich behebt. Nach insgesamt einer Woche ist die Winsch wieder eingebaut und funktionsfähig.
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Inzwischen telefoniere ich Markus Schneider von Maritimo (siehe Freunde & Partner), der mir wiederum den Kontakt zu einem Winschverkäufer aus Deutschland vermittelt. Endlich werde ich kompetent beraten. Ich erfahre, dass eine Standardwinsch, die überall auf Lager liegt, auch für GYPSEA ausreichend, darüberhinaus auch noch kostengünstig ist. Das ist eine wichtige Info für die nächste Panne.
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Antonio berichtet von einem alten Mooringblock am Grund, an dem wir eine Leine befestigen und somit eine zweite Mooring haben. GYPSEA liegt jetzt viel ruhiger und sicherer, wir können endlich ruhig schlafen, obwohl die Bora mit bis zu 40kn bläst.
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Martina entdeckt eine Strandbar mit beschatteten Liegestühlen der Luxusklasse und Essen in Haubenqualität. Da sie sowieso einen erholsamen Badeurlaub wollte, ist das genau das Richtige für sie und sie ist nur mäßig enttäuscht über unsere Pannenserie.
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Antonio „vergisst“ einige Positionen auf die Rechnung zu schreiben, die Liegegebühr hält sich also in Grenzen.
Nach einer Woche ist GYPSEA wieder flott und Martina reist ab. Hoffentlich können wir ihr beim nächsten Besuch mehr Segelerlebnisse und auch warmes Wasser in der Dusche bieten.
Bekanntlich bedeutet Blauwassersegeln, dass man sein Boot an den schönsten Plätzen der Welt repariert. Wir wissen inzwischen, dass man sein Boot auch an hässlichen Plätzen repariert. So gesehen war Srebreno gar nicht so schlecht. Außerdem haben wir gelernt, dass es wohl aus jeder Situation einen Ausweg gibt, meist ist dieser aber nicht sofort erkennbar. Wenn man sich auf die positiven Seiten fokussiert ergibt sich folgendes Bild:
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Wir hatten zwei ernstzunehmende Pannen. Mehrere Menschen haben rasch und unkompliziert ihre Hilfe angeboten und letztendlich auch die Probleme behoben, auch wenn das Zeitmanagement manchmal sehr südländisch war.
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Die Reparaturkosten haben sich im Rahmen gehalten.
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Unser Liegeplatz war zwar nicht optimal, aber doch sicher und preiswert.
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Tagsüber war die Musikbeschallung duch das Cafe angenehm, das Bier wurde schön kalt serviert und das Essen war durchaus gut.
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Außerdem hatte Martina einen schönen Badeurlaub ohne Segelstress und Seekrankheit.