Unser erster Stopp im Atlantik ist La Graciosa, die kleinste der acht Kanarischen Inseln und einen Steinwurf von Lanzarote entfernt. Wir erholen uns in der ruhigen Ankerbucht, genießen den Strand und erklimmen unseren ersten Vulkan. La Graciosa gehört gemeinsam mit Lanzarote und Fuerteventura zu den trockenen Kanarischen Inseln, es gibt kaum Vegetation, dafür jede Menge Mondlandschaft. Die einzige Siedlung auf der Insel, die man als Ort bezeichnen kann, wird als malerisch beschrieben, verfügt sie doch nur über Sandstraßen und kleine weiß getünchte Häuser. Naja, trostlos würde auch passen, uns erinnert das Örtchen an die etwas modernere Version des Pueblos “Aqua Caliente” aus Sergio Leones Meisterwerk „Für eine Handvoll Dollar mehr“.
Nach einigen Tagen der Erholung steuern wir Lanzarote an. Zuerst bläst der Wind ordentlich von achteraus, was dem Passatsegel sichtlich Spaß macht. Doch am späteren Nachmittag brauchen wir für die Ansteuerung von Puerto Calero (im südlichen Teil von Lanzarote) doch für einige Meilen den Motor. Hier schlagen wir in der Marina für einige Tage unser Basiscamp auf. Erstens braucht das Passatsegel eine kleinere Reparatur, zweitens wollen wir von hier mit dem Mietauto die Insel erkunden.
Unsere Meinungen zu Lanzarote stimmen nicht überein. Während Nicky die Insel beeindruckend interessant und schön findet, bleibe ich bei beeindruckend und interessant. Mir fehlt die grüne Vegetation in der ansonsten sehr trockenen von Vulkanen und erkalteten Lavaströmen durchzogenen Mondlandschaft. Jedes Grün muss künstlich bewässert werden, zu jedem Gewächs führt ein Tröpfchen gebender Schlauch. Kein Wunder, das bereits 1964 eine der ersten großen Entsalzungsanlagen der Welt und die erste Spaniens errichtet wurden.
Cesare Manrique, Maler, Universalkünstler, Playboy und Lebemann ist nach seiner New Yorker Zeit 1966 nach Lanzarote, seinem Geburtsort, zurückgekehrt und hat die Insel geprägt. Sein Engagement galt dem Erhalt des Inselcharakters und dem Charme der traditionellen Architektur. Jedes Haus ist ein Fußabdruck den man sehr behutsam setzten sollte, war sein Credo. Lautstark und wortgewaltig trat er für die Bevölkerung Lanzarotes ein, die die Gewinner des Tourismus sein sollten, nicht ortsfremde Spekulanten.
Zum Teil fruchteten seine Bemühungen. Keine Frage, der Tourismus treibt auch auf Lanzarote seine Blüten, aber große Bausünden sind hier eher die Ausnahme. Fast alle Häuser entsprechen dem traditionellen Stil, verfügen über maximal einen Stock, einem netten Kakteengarten und sind außerordentlich gepflegt.
Das Epizentrum der Manrique-Fans war und ist sein Wohnhaus, das 1966 auf einem erkalteten Lavastrom gebaut wurde. Tradition trifft auf die damalige Gegenwart, also auf die späten 1960er, in einem sehr geschmackvollen Mix. Mehrere große Lavablasen wurden in die Architektur einbezogen, sie bilden den überaus großzügig dimensionierten Partykeller mit Spa und Freiluftgarten. Hier trafen sich Jetset, Künstler und Intellektuelle und feierten ausgelassene Partys.
Auf der ganzen Insel verstreut findet man Kunstwerke von Cesare Manrique. Obwohl er sich in erster Linie als Maler verstand, war er ein Universalschaffender. So errichtete er riesige und hochkomplexe Windspiele, legte einen sehr beeindruckenden Kakteengarten an, gestaltete Aussichtsplätze, entwarf Zäune, Logos, und und und…
Nach so viel Kultur zieht es uns in die Natur und zu den eigentlichen Höhepunkten Lanzarotes, den Vulkanen. Das letzte Mal sind die Lavaströme Ende des 18. Jhds. so richtig geflossen und zwar mehrere Jahre lang. Große Teile der Insel wurden dabei verwüstet, aber auch neue geschaffen, als sich die Lava ins Meer ergoss und eine komplett neue Küstenlandschaft schmiedete. Bis heute brodelt es knapp unter der Erdoberfläche, was man im Nationalpark eindrucksvoll demonstriert bekommt: Trockene Zweige fangen sofort Feuer, wenn man sie der Hitze aus einem Erdloch aussetzt. Schüttet man Wasser in ein eingegrabenes Metallrohr erhält man einen veritablen Geysir. Mich hat allerdings der Hendlgrill über einem Vulkanloch am meisten beeindruckt, so was sollte jeder zumindest im Garten haben, oder noch besser in der Küche.
Genug der Worte, lassen wir die Bilder sprechen.
