Seit sechs Wochen sind wir bereits wieder retour und leben auf unserer GYPSEA. In dieser Zeit ist unglaublich viel passiert, deshalb war auch keine Zeit für einen Reisebericht, das hole ich jetzt nach:
Wir bleiben 2 Wochen länger in Wien als geplant, da wir auf unsere US-Visa warten. Wir müssen auf das Konsulat zu einem Interview und unsere Fingerabdrücke abgeben. Ob wir wirklich in die USA einreisen wollen ist derzeit unklar, aber die Möglichkeit wollen wir uns zumindest offen halten.
Dann kommt der Abschied von unseren Lieben. Alle Langzeitsegler die wir kennen genießen zwar ihr Leben und die Freiheit, klagen jedoch über schmerzhafte Abschiede. So schlimm wird es wohl nicht sein, haben wir uns gedacht. Stimmt, es ist noch viel schlimmer als befürchtet.
Unser Abdu hat für uns die Flüge umgebucht, bringt uns in den frühen Morgenstunden zum Flughafen, checkt uns ein und kümmert sich auch sonst um alles. Es ist gut einen Freund am Flughafen zu haben. Danke lieber Abdu!
Die zwei Wochen länger in Wien haben unseren Zeitplan etwas durcheinander gebracht. Wir wollen viel renovieren, schöner gestalten, verbessern. Außerdem erwarten wir im April einige Gäste, da wollen wir schon mit unseren Arbeiten fertig sein, die Zeit ist also knapp. Deshalb beginnen wir unseren neuerlichen Aufenthalt in Italien gleich mit 3 Tagen Ferien. Wir treffen Barbara, Antonio und ihren Hund Drake, die in Bari soeben Heimaturlaub machen. Gemeinsam fahren wir nach Gravina in Puglia und Alberobello.
Dass sich der Name Gravina aus Grana (Weizen) und Vino (Wein) zusammen setzt, ist kein Zufall, wir verkosten einige lokale Schmankerl. Wirklich bekannt ist Gravina aber wegen seiner unterirdischen Stadt. Steine als Baumaterial für die Häuser wurden nämlich direkt unter diesen gewonnen, jedes Haus ist damit aus seinem eigenen Steinbruch entstanden. Ein Stock in die Höhe bedeutet auch ein Kellergeschoß. Oft wurden die einzelnen Anlagen mit unterirdischen Gängen verbunden. In den kühlen Kellern wurden Lebensmittel und Wein gelagert, es ranken sich jedoch auch viele Legenden um geheime Räumlichkeiten und Geheimbünde.
Ganz real und unbeschreiblich schrecklich waren hingegen die Lebensbedingungen der Menschen, die bis in die 1970er in dieser Unterwelt unter katastrophalen hygienischen Bedingungen leben mussten. Die Wohlhabenden lebten in den Häusern über der Erde, die Armen unter der Erde.
Die berühmte italienische Hochadelsfamilie Orsini (3 Päpste, 24 Kardinäle, zahlreiche weltliche Fürsten entstammen den Orsinis) zog übrigens im 18. Jhd. nach Gravina. 2021 machte auch James Bond einen Abstecher hierher und sprang von der berühmten Brücke, nur mit den Händen an einem Seil hängend. Ich wollte das eigentlich auch machen, leider war das Seil schon weg.
Der alte Kern von Alberobello besteht ausschließlich aus Trullis, das sind Rundhäuser mit konusförmigen Steindächern, und schaut aus wie Schlumpfhausen. Angeblich wurden im 17 Jhd. Häuser besteuert. Die Trullis konnte man allerdings rasch abdecken wenn der Steuereintreiber kam. Damit galten sie nicht mehr als besteuerbare Objekte und der Steuereintreiber ging leer aus. Das entsprechende Gesetz wurde natürlich geändert, die Bauform allerdings beibehalten. In ganz Apulien findet man heute noch Trullis, manche verfallen, manche schön renoviert und bewohnt.