Borawarnung. Wir sind am Weg von Pula nach Rovinj. In der Bucht nördlich von Rovinj wollen wir ankern weil

1. der Blick auf Rovinj atemberaubend schön ist

2. wir aus nostalgischen Gründen die Nähe zum Campingplatz Porton Biondi schätzen

3. entgegen vieler Berichte das Ankern dort nichts kostet

4. der Ankergrund sehr gut ist

5. die Bucht Schutz vor Jugo und Bora bietet.

Auf ca 12m Wassertiefe lassen wir den Anker fallen, stecken viel Kette, fahren den Anker ordentlich ein, stecken noch einmal viel Kette und dann fühlen wir uns sicher.

Jojo, Kathi und Clemens verlassen das Boot und gehen nach Rovinj feiern. Nicky und ich erwarten an Bord die Bora. Mein Freund Jac und sein Sohn Ben machen in Porec Urlaub und kommen auf einen Sprung vorbei. In der Nähe verankert sich auch sehr sorgfältig eine Amel 54. Die Borawalze nähert sich deutlich, ich bringe Jac und Ben mit dem Dinghi retour ans Ufer. Als sich dann noch in der anbrechenden Nacht ein großer Fischkutter zu uns gesellt wissen wir, dass es mit der Bora bald losgeht und es geht los, richtig los. So wie wir das kennen kommt zuerst ein dünnes Lüfterl. dass dann schlagartig anfängt zu brüllen. Wir messen 45 kn Wind. Regen und Gischt kommt mit gewaltiger Wucht horizontal, dass man unmöglich die Augen offen halten kann (Tipp für das nächste Mal: Skibrillen vorbereiten). Der Fischkutter kreuzt in der Bucht, die Amel und unser Boot werden vom Wind am Anker richtig gebeutelt. Wir kommen uns vor wie auf eine Playmobilschiff in der Waschmaschine. Nach einer halben Stunde hat der Spuk ein Ende, kurz nach Mitternacht ist das Meer spiegelglatt. Unser Bügelanker hat super gehalten.

Am nächsten Morgen schwimme ich zur benachbarten Amel und erkundige mich, ob auch alles glatt gelaufen ist und der Sturm keinen Schaden angerichtet hat. In der Tat, auch dieses Boot hat der Bora tapfer getrotzt. Ich komme mit dem sympathischen Skipper ins Gespräch. Bald erzählt er von einem Schwesterschiff aus Lignano, dass vor wenigen Tagen auf Langfahrt aufgebrochen ist und den Sturm ein Stück weiter südlich ebenfalls gut überstanden hat. „Ist das das Schiff vom Kurti?“ frage ich. „Ah, dann bist Du der alte Schulkollege“ tönt es zurück. Die Welt der Langfahrer ist halt doch klein.

Zwei Tage später. Die Wetterapp Windy sagt nichts Spektakuläres voraus, aber das Wetterradar meldet ein Gewitter. Wir gehen in der Bucht nördlich vor Porec am frühen Nachmittag vor Anker. Wassertiefe ca 7m, guter Ankergrund, wir fahren den Anker ordentlich ein und stecken über 60m Kette. Dann kommt die Gewitterwalze. Noch ist es windstill. Der Marinero kommt noch rasch vorbei und kassiert die Ankergebühr. In diesen maximal 3 Minuten bricht ein Sturm von zumindest 50kn an. Gestärkt von unseren Erfahrungen in der Bora machen wir uns keine Sorgen. Der Sturm beutelt uns wieder kräftig durch. Dabei hält er sich nicht an die Vorhersagen und bläst aus genau jener Richtung, dass uns der vorgelagerte Wellenbrecher keinen Schutz bietet. Die Wellen sind bis zu 2m hoch, GYPSEA stampft durch die Wellen, die Gischt spritzt. Auch hier dauert der Spuk ca eine halbe Stunde, dann ist der Wind vorbei. Das Meer braucht diesmal etwas länger um sich zu beruhigen. Es ist ein gutes Gefühl einen sehr guten Anker und eine ordentlich schwere Kette zu haben.

Am Abend treffen wir Jac und Ben zum Essen.

Ein anderes Segelschiff hat es schwer getroffen. Der Sturm kam so schnell, dass das Bergen der Segel unmöglich war. Groß und Genua hat es total zerlegt, die Reste der Genua haben sich dann noch in der Schiffsschraube verfangen, das Boot war damit manövrierunfähig und dem Sturm komplett ausgeliefert. Kurz vor dem Hafen wurde das Boot abgeschleppt und in Sicherheit gebracht. Bis auf die geschilderten Schäden ist nichts passiert. Unglaublich was Boote alles aushalten, sofern sie kein Land berühren. Immer mindestens eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!